Donnerstag, 25. Juni 2009

1 Juni 2009 Nachtrag

Ich hatte ungefähr 900 km gemacht. Ich weiß es nicht genau, weil der Tacho einmal ausgefallen war. Ich würde jetzt eher Touren von 7 Tagen planen, weil man nach dieser Zeit doch deutlich an Lust verliert. Ferner würde ich mich nicht mehr mit Deos belasten, die Parfumgerüche stören im Zelt eigentlich mehr, als das sie zum Komfort beitragen. Schon eine parfümierte Creme kann störend wirken. Man sollte immer Langarmiges und Langbeiniges dabeihaben, auch wenn das Wetter das nicht verlangt, können diese auch vor einem Sonnenbrand und Insekten wie Stechmücken und vor allem Zecken schützen. Bewährt hat sich die Fahrradtrinkflasche, die man immer mal auffüllen konnte und auch der Lenkerkorb, den ich nicht gegen eine Lenkertasche eintauschen möchte, die teilweise auch am Click-Fix befestigt werden kann. Meine Lenkertasche ist zwar billig mit Riemen zu befestigen, jedoch kann man diese auch in umgekehrter Richtung zum Fahrer hin platzieren und hat den Korb dann immer noch fürs Essen und Trinken frei. Das Diktiergerät und die Kamera würde ich auch wieder mitnehmen. Shampoo und Seife benötigt man nur in seltensten Fällen. Wer will schon einen schönen Badeplatz mit Seife ruinieren? An manchen Tankstellen könnte man sich waschen, aber wer macht das dann schon? Schwimmbäder wären die einzigen Alternativen gewesen, aber das Wasser im Meer und speziell in den Seen ist so weich, daß es so schon eine gute Waschwirkung hat. Also nicht so zimperlich, wenn man so eine Tour vor sich hat, dann muß man schon was wegstecken.

Erstmal loskommen ist das Schwierigste, aber spätestens nach der dritten Nacht ist man glücklich auf der Tour.

Die Packliste ist von mir bearbeitet worden und enthält alle wichtigen Punkte, auch teilweise noch welche, die nicht unbedingt miteingepackt werden müssten, wenn man nicht ins Ausland, wie zum Beispiel Polen, Tschechien oder Dänemark, fährt. Zu wärmeren Jahreszeiten genügen schon meist die billigen Schlafsäcke für 10-14 Euro. Das Zelt sollte schon ein wenig besser sein. Eine Wassersäule von 4000, 5000 oder sogar mehr Millimetern ist nicht verkehrt. Der Boden sollte vielleicht noch mehr aushalten können. Man liegt dann etwa bei 100 bis 200 Euro, gebraucht vielleicht sogar die Hälfte. Mir wurde Robens empfohlen, bin aber mit meinem Husky Flame zufrieden. Vaude oder Salewa sind andere Firmen, denen ich auch noch vertrauen würde. Die Bodenplane ist ein unverzichtbares Mittel, um das Zelt vorm durchstechen zu schützen und sauber zu halten. Ich hatte einfach eine Gewebeplane aus dem Baumarkt genommen, die kostet nur 4 Euro. Dann kommt noch eine gute Matratze hinzu. Ich habe wenig Erfahrung mit billigen Matratzen. Sie sollte sich auf jeden Fall selbst aufblasen. Man darf diese nicht mit dem Mund aufblasen, weil sonst Schimmelgefahr besteht. Wenn die Matraze sich aus eigener Kraft aufblasen kann, dann ist sie OK. Es gibt auch feste Matrazen zum falten oder rollen, die kenne ich aber nicht. Meine Matratze ist von Thermarest Basecamp Large. Für die gibt es auch einen Stuhl, den man mit der Matratze verwenden kann, aber den kann man auch bestimmt mit einer billigen verwenden. Der Stuhl ist sehr praktisch, um im Zelt oder unter dem Tarp - die Bodenplane kann man als Tarp oder Sonnenzelt benutzen - zu lesen und zu essen. Ich hatte zusätzlich ein selbstaufblasendes Kopfkissen, daß sich tatsächlich entgegen meiner Annahme als Gewinn herausgestellt hat. Nicht vergessen sollte man die Ohrstöpsel, die ich fast jede Nacht brauchte, denn die Natur ist anders als angenommen, die ganze Schlafenszeit über aktiv, Es quakt, zwitschert und schreit. Die Batterien aus den Geräten sollten herausgenommen werden, falsch eingelegt oder mittels des Sicherungsknopfes vorm ungewolltem Entladen geschützt werden. Kabelbinder, Draht, Gummibänder und Panzerband sind nicht verkehrt. Ferner auch eine wasserdichte Gemüseplastikschale, die oft Supermarkt mit Gemüse angeboten wird. Mit dieser kann man gut essen und sie auch verwenden um mal die Zähne im Zelt zu putzen oder feuchten Müll aufzunehmen. Die Fahrradtrinkflasche kann wegen der großen Öffnung auch gut als Pinkelente herhalten, dann ist die gleich desinfiziert. Zahnseide habe ich mitgenommen, auch eine Zahncreme auf Salzbasis, damit die Chemie die Umwelt nicht so belastet. Klorolle ist auch unverzichtbar, wichtiger noch als Taschentücher. Sonnen- und Insektenschutz dürfen nicht fehlen.

Ich werde an dem Text noch weiter arbeiten, wenn Fragen dazu kommen oder mir noch was einfällt.

War auf jeden Fall ein tolles Erlebnis, pur, herausfordernd und voller Überraschungen.

;) Roger

31 Mai 2009 Ostprignitz, Oranienburg, geschafft !

Ich bin unheimlich früh auf die Beine gekommen. Um 7 Uhr konnte ich schon losfahren. Das hatte ich nicht zuletzt auch diesen kleinen, winzigen Fliegen zu verdanken gehabt, die in alle Öffnungen hinein fliegen. Die Strecke machte sich wie von selbst. Ich konnte mir sogar Waldstrecken gönnen und hatte trotzdem eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 16 km/h! Die Ostprignitz ist mir wohl bekannt. Ich war schon zweimal hier. Es gibt viele Naturschutzgebiete und sehr alte, naturbelassene Wälder dort. In der S-Bahn konnte ich mich noch mit einem alten Hasen unterhalten, den ich auch schon auf der Strecke getroffen hatte. Er ist auch viel unterwegs gewesen. Er empfahl mir die Strecken an den Flüßen entlang. Von ihm stammte auch der Tipp, nach Waren zu fahren und die Müritzer Gegend zu befahren.

30 Mai 2009 Um die Müritz

Nach Waren hatte ich mich verfahren und etwa 5 km eingebüßt. An der Müritz gelegen ist Waren der Anlaufpunkt für Touristen. Dementsprechend toll ist die Stadt ausgebaut. Auch die Fahrradwege profitieren von dem Geld der Touristen. Der Naturpark genügt bestimmt auch einem Kurztrip, wenn man den Zug nach Waren nimmt, der unter 30 Euro von Berlin aus kosten soll. Bis hinter Mirow bin ich gekommen und mußte mich mit einem etwas schlechterem Platz an einer stillgelegten Eisenbahnstrecke begnügen. Ich hatte mit dem Gedanken an morgen zu kämpfen. Würde ich die Strecke nach Oranienburg an einem Tag schaffen?

29 Mai 09 Die Mecklenburger Seen

Der Wind hat am Vormittag noch nachgelassen. Über einen Wirtschaftsweg schaffe ich es durch Nehringen – einem Barockdorf – über eine schöne nachgebaute Hängebrücke über die Grenze nach Mecklenburg-Schwerin. Die Strecke wird deutlich besser und schneller. Demmin hat ein schönes, altes Fachwerk-Speicherhaus am Hafen. Mittagspause. Weiter in Richtung Kummerower See, Malchin an den Malchiner See. Dort lasse ich mich auf eine längere Suche nach einem Strandplatz ein, mit Erfolg. Der „kleine Strand“ bietet mir sogar eine kleines Seebad direkt neben einer Siedlung und einem Feriendomizil. Ich habe noch Zeit mich zu trocknen und zu lesen. Die Leute reagieren trotz der Nähe freundlich und hilfsbereit.

28 Mai 09 Runter von der Insel

7:20 aufgestanden, 9:40 losgefahren. Es ist böig bis stürmisch. Auf der Brücke nach Stralsund mußte ich absteigen, um nicht umgeworfen zu werden. Ständig debattierten Stimmen in meinem Kopf. Ich verfuhr mich, verlor noch meine gewaschene Schlafanzughose und mußte dann irgendwo campieren. Der Wind hatte sich an der ausgesuchten Stelle in Bäumen gefangen, sodaß ich nach 79 km durch den Wind eine ruhige Nacht hatte. Ich war noch nie so lange auf dem Sattel, etwa 8 Stunden fast ununterbrochen, sonst waren es meist um die 6 Stunden. Mein Hintern war wund gerieben und ich war am nächsten morgen froh, das Auftragen der Wundsalbe nicht vergessen zu haben. Langsam denke ich nur noch daran, wieder nach hause zu kommen.

27 Mai 09 Saßnitz und Kraft durch Freude

78 km bin ich an diesem Tag gefahren. In Saßnitz liegt kalt und steril ein Marktplatz neben einem dominierendem Betonhotel. Der neue Stadtkern schreckt durch die zugige Bauart ab. Wie kann man nur an einem windigem Ort so eine Fußgängerzone und so einen offenen Platz anlegen? Ich dachte nur an einen Fährenanleger, der noch zu diesem Bild passen würde. Ich bin weg und schau mir die Altstadt garnicht mehr an. Irgendwo hinter einer Neubausiedlung, die versetzt vor dem Wind mehr Schutz boten, war dann der erwartete Großfährenanleger. Radfahren an der Autobahn hätte nicht schlimmer sein können. Die Ostseebäder habe ich mir einfach nach der langen Strecke an der Küste geschenkt. Ehemalige „Kraft durch Freude“-Bauten - das Seebad Prora - rotten dort über Kilometer vor sich hin. Dann über den Seiliner See – sehr schöner Erholungsort – ins weiße Putbus, einem Erbe der Preußischen Herrschaft nach Garz. An dem Garzer See in einem leeren Park verbringe ich die Nacht. Jetzt im Nachhinein hätte ich gerne das Kap Arcona im Norden von Rügen besucht.

26 Mai 09 Rügen, Bergen und wieder Gewitter

6:55 aufgestandten, um 9:00 losgefahren. Die altertümlichen Sehenswürdigkeiten sind wie in Dänemark und Schweden mit einer Viererschleife gegenzeichnet. Hier war es eine sehr schöne alte Kapelle. Viele der Kirchen auf Rügen scheinen noch aus der Zeit der Christianisierung zu stammen. Sie sind oftmals auf alten Heiligenstätten errichtet und Reliquien wurden in die Fassade eingemauert.Das Symbol für Sehenswürdigkeiten auf Rügen ist das selbe wie in Dänemark und Schweden


Die Kapelle zum Heiligen Kreuz in Bessin

Der Kanzelaltar - wie so viele Fotos die ich gemacht hatte auch im Wiki zu sehen

Es wurde heute wieder ein wenig schwül. Über Gingst nach Bergen, daß tatsächlich innerhalb einer Hügelkette liegt. Dort frage ich nach einer Unterkunft. Die mir für 45 Euro angebotene lehne ich ab. Eine Schutzhütte - die mir von der Touristeninformation genannt wurde - liegt nahe dem südlichen Neklade. Dort erwarte ich das Gewitter, lerne noch eine Rasselbande von Kindern kennen, die neugierig mein zuvor aufgebautes Zelt erkunden. Nach einer unerwartet geringen Gewitterwelle ziehe ich mich ins Zelt zurück und muß eine heftigere Welle wieder abzählend im Zelt verbringen. Es wurde jedoch nicht so schlimm, wie auf Usedom, da ich umringt von Bäumen ein schützendes Dach hatte.

25 Mai 09 Stralsund und Altefähr auf Rügen

Erst um 11 Uhr kam ich von der Zeckenwiese weg. Nach 25km Küste in die Hansestadt Stralsund. Stralsunds Altstadt ist UNESCO-Kulturerbe. Da ich jedoch schon von Greifwald überwältigt wurde, habe ich mir hier Fotos erspart. Leider verschandelt die furchterregende Autobahnbrücke und die Werft das Stadtbild, finde ich. Über die alte Rügener Brücke nach Altefähr. Ich habe mich entschlossen, die Insel im Uhrzeigersinn zu erkunden. Auf dem Weg fallen sofort die wohlriechenden Wildrosenhecken auf, die mich das erste mal an Dänemark erinnern. Kurz hinter Altefähr mit Blick auf die Stalsund mache ich halt.
Ein geklautes Foto vom Wiki, aber einen ähnlichen Blick hatte ich von der Stelle auf Rügen, wo ich übernachtete. Nur die Werft und die Brücke sieht man nicht, die sind von hier aus weiter links und erdrücken die Skyline.

Langsam wird mir klar, wie lächerlich die Tour nach Fahrland dagegen war. Damals bin ich nur 38 km gefahren, auf dieser Tour hatte ich schon Strecken von 75 km hinter mich gebracht.

24 Mai 09 Baden und die Hansestadt Greifswald

Ein warmer Tag, genau richtig zum Baden. Zwei Badestellen boten sich auf der Karte an: Freest und Lubmin. In Freest versperrte ein großer Campingplatz den Weg zum Strand. In Lubmin führt der Fahrradweg direkt am Strand vorbei und man kann das Rad bequem mit an den Strand nehmen, der groß genug ist, auch innerhalb der Saison einem Radfahrer kurz ein Bad zu gewähren. Es ist das erste und letzte Bad in der Ostsee. Haare und Sachen gewaschen, während man das Fahrrad gut bewachen konnte. Weiter auf dem Ostseeradweg in die Hansestadt Greifswald. Dank eines Festes waren am Sonntag alle die Geschäfte offen. Eine sehr schöne Altstadt mit einer alten Klappbrücke in Stadtteil Wiek.


Bilder vom Marktplatz


Das Greifswalder Rathaus


Eine schöne alte Klappbrücke

Kurz hinter Oldenhagen, zwischen Leist 1,2 oder 3 habe ich mich auf einer Salzwiese niedergelassen und mußte am nächsten Tag feststellen, daß es eine schlechte Idee ist, auf einer ungemähten Wiese zu rasten. Ich hatte vier Zecken zu sitzen. Nur mit langer Hose und gut mit Autan eingeschmiert sollte man sich auf eine hochgewachsene Wiese begeben und nicht vergessen sich abzusuchen. Ferner sind die Grasbüschel nicht bequem und machen dem Kreuz ordentlihc zu schaffen. Mein Rad fing langsam an erste Spuren der Fahrt zu zeigen. Die Kette quietscht, der Vorbau wackelt und mein Lenkerkorb fällt auseinander. Die Nacht war kalt – 9,8°C - und ich mußte den Mumienschlafsack zum ersten Mal geschlossen benutzen. Mittlerweile kann ich auch im geschlossenem Sack gut schlafen.

23 Mai 09 Karlshagen, Peenemünde und Wolgast

Heute standen Peenemünde und der Abschied von Usedom an. Erst um 11 Uhr konnte ich von der Küste los. Die Strecke führte mich am hinteren Teil des Achterwassers vorbei. Koserow, ein beschaulicher Ort nicht als zu weit vom Ostseestrand entfernt mit Aussicht nach Süden, also höchstwahrscheinlich durch die Bäume auch wesentlich wärmer.. Karlshagen ist mir noch in Erinnerung. Eine größere Feriensiedlung, ein typischer, moderner, aber ruhigerer Ferienort mit erstaunlich preisgünstigen Märkten, Restaurants, Bistros und Eisdielen. Hier kaufte ich zum Beispiel eine gute Ananas für einen Euro und machte meine Mittagspause. Wenn man auf Usedom Ferien in einer Siedlung machen möchte, dann ist Karlshagen, glaube ich, dass was ich darunter verstehen würde. Die Plätze und Straßen sind groß genug, um die Touristenhaufen zu entzerren. Etwas weiter in Richtung Peenemünde gibt es noch Rehazentren, die noch mehr im Wald liegen, also noch mehr Ruhe bieten. Aus dem Wald hinaus ist es noch ein ganzes Stück über die künstlich verlandeten Salzwiesen von Peenemünde. Die Lagerbunker sind die ersten Einrichtungen der Heeresversuchsanstalt, die zum Schutz schätzungsweise zwei oder drei Kilometer von der Forschungseinrichtung entfernt erbaut wurden.


Die Lagerbunker sind hier nur in Bruchstücken erkennbar
So sehen sie intakt aus

Peenemünde selber erschien mir so weit weg von dem, was ich erleben wollte. Ich blieb nicht lange dort.

Ein Foto vom Nachbau einer Rakete Typ V2

Man sieht die Raketen am Rand und das Kohlekraftwerk, dass noch bis 1990 in Betrieb war, im Hintergrund

Ein Blick auf die anderen Museen, die sich im krassen Gegensatz zu dem örtlichen Thema hielten, wie ein Spielzeugmuseum, kurz in den Hafen, wo ein russisches U-Boot vor sich hin rottet.


Dieselgetriebenes U-Boot U-461 der baltischen Rotbannerflotte im Peenemünder Hafen

Ich hatte weder Zeit, Lust, noch das Geld für Kriegskram. Die Sachen sind auch so gut recherchiert, alle Naselang findet man Bücher, Filme oder Internetberichte über diese Themen. Also weiter nach Wolgast.


An der Küste werden Häuser oft mit Reet gedeckt. Mittlerweile restaurieren viele Hausbesitzer ihre alten Häuser. Sie befreien das Fachwerk vom grauen DDR-Putz.

Nahe Karrin kam ich auf einer windigen Wiese neben ein paar Weiden zur Ruhe. Ich hatte mich an diesem Tag entschieden, nach Rügen weiterzufahren. Die Nacht schlief ich ausgesprochen gut.

Mittwoch, 24. Juni 2009

22 Mai 09 Usedom Hinterland und Kaiserbäder



Am Morgen nach dem Gewitter

Um 8 Uhr aufgestanden. Es war sowieso nass, aber windig. So habe ich die Wäsche in einem Kanal mittels meines Fahrradkorbes gewaschen. Habe sie auf dem Drahtzaum trocknen lassen.


Wäsche auf dem Elektrodraht

Die Wäsche trocknet auf dem Elektrodraht, dahinter eines der Fleeten, das sind Kanäle zur Entwässerung und zum Auffangen von Salzwasser bei Überschwemmungen. Um 13 Uhr ging es dann endlich weiter. Usedom ist recht interessant. Es ist fast unmöglich die Stadt zu umfahren.


Das Anklamer Tor nach Usedom-Stadt


So hatte ich mein Rad gepackt. Der Lenkerkorb hatte sich bewährt - man kann wunderbar während der Fahrt Essen und Trinken, oder auch Sachen ablegen. Die Lenkertasche hatte ich umgedreht angeschnallt. Die Tasche ist leider sehr billig gewesen. Mittlerweile habe ich mir eine bessere gekauft. Ich benötige eigentlich nur die Seitentaschen. Das Zelt, die Matte und den Schlafsack hatte ich mit einem Spanngurt fixiert und mittels eines Gummiseiles und der Bodenplane - einer gewöhnlichen Gewebeplane aus dem Baumarkt für 4 oder 5 Euro - vor Regen geschützt. Auf der Plane konnte ich mit Hilfe des Gummiseiles auch schnell Dinge festklemmen, wie Lebensmittel oder Regenzeug.


Manchmal habe ich mich zu einem Umweg überredet, wie hier beim Schloss Stolpe


Mühle an der Grenze nach Polen

Im Hinterland habe ich mich kurz verfahren, war zweimal in Garz. Dabei habe ich eine schöne Mühle entdeckt. Der Weg nach Albeck wollte sich mir kaum erschließen. Er ist sehr hügelig. Zweimal geht es steil bergab und wieder bergauf bevor man nach Albeck kommt. Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Hier ist richtig viel Geld geflossen. Die alten Häuser sind vorbildlich wieder hergestellt. Aber ich dachte, es wären ein paar Häuser, nichts da, es ist Haus an Haus gereit, ein Hotel nach dem anderen. Strandkorbverleih, ohne Kurtaxe darf man nicht an den Strand.


Seebrücke Ahlbeck von 1899 und öffentliche Uhr aus dem Jahre 1911

Typsches Ostseehaus aus Holz am nächsten Tag aufgenommen

Es ist für 10 km so voll, daß es sich die Promenade locker mit einem Volksfest in einer Großstadt messen kann und es sind nichtmal Schulferien im Hochsommer. Es muß unglaublich überfüllt sein, wenn die Hochsaison angefangen hat. Nach den 10 km Strand der drei Kaiserbäder kommen die 10 km Campingplatz, wobei die letzten 5 km bis Ukeritz vom saufenden Proletariat okkupiert werden – eine Zeltkneipe nach der anderen mit Theken, von denen ein Kneipenbesitzer in Berlin feuchte Träume bekommen würde. Hinter Ukeritz, genauer hinter der Freilichtbühne von Uckeritz kann ich auf einer Klippe der Steilküste einen Platz finden. Ich unterhalte mich noch mit einem Einheimischen, der seinen Hund ausführt. Er macht sich sorgen, ob es nicht zu kalt würde. Ein Konzert geht noch bis um 21 Uhr, dann ist schnell Schluß, auch für mich ist nach dem Tagebucheintrag Zapfenstreich.




Diverse Fotos mit Blick von der Steilküste herunter auf die Ostsee. Im Hintergrund ist unter anderem die polnische Küste Usedoms und ein paar Kreuzfahrtschiffe zu erkennen

21 Mai 09 Nach Usedom

Ich bin schon um 6 Uhr wach geworden. Beim Frühstück wird mir klar, daß Sonnenschutzcreme nicht genügen wird, um die Unterarme vor weiterem Schaden zu bewahren. Nächstes Mal würde ich ein langarmiges Shirt mitnehmen. Ich nahm mir vor, hinter Anklam Pause zu machen, aber mehr dazu später. Ueckermünde ist ein nettes kleines Städtchen, hat richtiges Flair einer Hafenstadt. Die Strecke am Stettiner Haff und am kleine Haff vorbei dehnt sich sehr.

Es ist Feiertag, genauer Himmelfahrt, und wie in Westdeutschland auch üblich, fahren die Väter in geschmückten Pferdewägen und trinken hier und da mal einen. Aber ganz vorne weg die jugendlichen, die diesen Tag zu einer Saufparty machen. Schade, denke ich mir so, aber alle sind freundlich, keine Probleme. Selbst der Flieder, der überall als Schmuck herhalten muß – Flieder benötigt zwei Jahre um eine Blüte zu entwickeln – hat sich verdammt gut gehalten. Mir wird auch ein Schnapps angeboten, den ich dankend ablehne, da ich die Reaktion meines Körpers auf Alkohol gut kenne. Der Blutdruck soll weiter stabil bleiben. Es ist ein warmer Tag und die Strecke ist sehr sandig. Vielleicht muß ich einen anderen Weg nach Hause nehmen. Ich frage nach der Fähre von Anklamer Fähre nach Usedom – 7,50 soll es kosten. Ich entschließe mich die 35 km zu fahren, die man mehr benötigt, um über die Brücke nach Usedom zu gelangen. Anklam ist keine besondere Stadt. Schnell ging es weiter nach Usedom. Über die Dörfer bin ich schließlich auf einer Salzwiese gelandet. Ich wollte eigentlich ans Wasser, aber ein Graben hat das über einen Kilometer Wiese verhindert. Dann war da eine Stelle auf einer Kufwiese mit ein paar Bäumen. Im aufkommenden Wind stellt sich das Zelt nicht so gut auf, zudem drohen die Wolken mit Gewitter. Was soll ich jetzt tun, soll ich im Gewitter weiterfahren und ein Stelle suchen? Oder einfach ins Zelt legen und abwarten? Die Faulheit siegt. Aufgeregt zähle ich die Zeit zwischen Blitzen und Donnern, um die Entfernung abzuschätzen. Irgendwann donnert und blitzt innerhalb einer Sekunde, das Zelt um mich herum leuchtet auf, als ob der Gegenblitz mich gefunden hat. Ohren und Augen zu und dann ist doch noch mal alles gut gegangen. Das Gewitter flaut ab, aber nochmals will ich so etwas nicht erleben, dachte ich mir.


Ganz typisch auf dem Weg, kleines Dorf mit Tourismuszentrum



Impressionen vom Stettiner Haff kurz vor der Amklamer Fähre

20 Mai 2009 bis kurz vor Uckermünde

Etwa um 8 Uhr bin ich losgekommen. Um 10 Uhr war ich in Prenzlau, um wie vorgesehen einkaufen zu gehen. Meine Sachen habe ich, wie später auch, einfach vor dem Laden hingestellt und angeschlossen. Ich hatte die ganze Fahrt über die Probleme mit Leuten, die meine Sachen durchstöbert hatten, trotzdem habe ich jetzt eine Tasche, die man abschließen kann, nachdem meine alte kaputt gegangen ist. Auf einem Parkplatz habe ich Mittagspause gemacht. Der Weg danach viel mir relativ schwer. Die Tage zuvor hatten ihre Spuren hinterlassen und ich mußte schon nach etwa 15 km in Bandelow wieder eine Pause einlegen. Aber dank der Zwiebel und des Knoblauchs kamen die Kräfte zurück. So ging es zügig über Trebenow, Werbelow, Nechlin, Nieden, Damerow, Rollwitz – eines der vielen ungemütlichen Straßendörfer dieser Gegend - nach Pasewalk, eine recht uninteressante Stadt. Hier wollte ich eigentlich schon längst Pause machen, bin jedoch, was ein Fehler war. Ich sollte falls ich nochmals an die Ostsee fahre über Friedland fahren, denn dann kam das militärische Sperrgebiet mit Warntafeln, wie „Betreten auf eigene Gefahr!“, „Vorsicht Blindgänger! Lebensgefahr!“, „Fotographieren verboten!“ und die etwa drei militärische Kasernen, wo tatsächlich Soldaten mit Sturmgewehren Patrouille laufen. Ich frage mich nur noch, was bewachen die denn da? Ich war sehr erregt, wollte schon längst auf einer Wiese Pause machen, mußte jedoch erstmal 10 km strampeln,um endlich aus dem Sperrgebiet heraus zu kommen. Torgelow und Eggesin habe ich nur noch im Jumm des Sonnenbrandes erlebt, den ich mir aus dem Ärger heraus eingefangen hatte. Vor Uckermünde habe ich dann endlich eine Wiese hinter einem einzelnen Haus gefunden. Pferde und Esel waren auch in der Nähe. Leider auch ein Durchfahrtsweg für Einheimische, diesmal war es Nachts jedoch fast still gewesen.

19 Mai 2009 irgendwo vor Joachimsthal in der Schorfheide

Morgens um 8 Uhr aufgestanden. Ein wenig getrunken und gleich los. Die Ameisen hatte ich am Abend des vorherigen Tages garnicht bemerkt. Jetzt mußte ich erstmal eine neue Stelle für mein Rad suchen, um das Gepäck festzumachen. In meiner Erinnerung ist die angenehme klare Kühle des Morgens hängen geblieben. Der Wald fütterte mich mit seinem größtem Geschenk. Der Weg führte wieder über eine Straße an einer Tankstelle vorbei. Kurz auf die Toilette, dann begann der Regen zu fallen; das hieß Frühstück für mich. Zwei freundliche Motorradfahrer teilten den überdachten Tisch mit mir und wir unterhielten uns über den Führerschein, für den einer von Ihnen gerade bei dem anderen trainierte. Der Regen hörte nicht auf, also Regenzeug raus und ab durch die Mitte. Es fuhr sich angenehm. Die Luft war gefiltert und gekühlt, ließ sich gut einatmen. Um 12 Uhr riß der Himmel auf, kurz darauf machte ich meine Pause und es überholte mich ein alteres Ehepaar, daß ich später am Nachmittag nochmal vor Prenzlau genauer Röpersdorf auf einer Hügelkuppe traf. Die Strecke ging zum ersten Mal durch Modder. Ich sah mich schon auf dem Boden liegen und die Sachen vom Schlamm befreien. Hinten und vorne hatten die Räder keinen Halt mehr. Irgendwie bin ich dann doch weiter gekommen, nicht mal meine Schuhe waren dreckig. Dann ging es auf und ab und auf und ab, wie auch Tage darauf. Die Moränen der Eiszeit hatten sich wie große Dünenketten über das Land gelegt. Ich mußte den Schwung mitnehmen und brachte es manchmal auf über 40 km/h mit Gepäck, dann schlänkerte der Lenker wegen der Last. So machte ich in 4 und einer viertel Stunde 65 Kilometer. Das Ehepaar ist aus Berlin heraus schon seit Pankow auf dem Radfernweg, dort ist sein eigentlicher Anfang. Ich schätze sie auf über 60 Jahre. Sie erzählten mir, sie hätten vorher 50 km Streckentraining gemacht und nähmen sich täglich etwa 100 km vor. Des öfteren begegneten mir noch alte Leute, von denen ich nicht mehr geglaubt hätte, daß sie überhaupt noch Radfahren könnten. Der Radweg nach Usedom ist jedoch bis auf wenige Ausnahmen eigentlich gut ausgebaut, sodaß man sehr gut vorankommt. Ich hatte heute zum Beispiel eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 16,5 km/h. Überall gibt es Imbissbuden, Kneipen und Vorgartenverkaufsstände und Pensionen die mit Bed & Bike oder ähnlichen Begriffen um Kundschaft werben. Trotzdem sollte man sich während der Saison oder für Feiertage anmelden, aber dazu noch ein Wort am Schluß. In jeder größeren Stadt und meistens auf dem Weg liegen Supermärkte und Drogerien, die oftmals sogar Samstags und Sonntags geöffnet hatten.
Jedenfalls, um wieder auf den Fahrtbericht zurückzukommen, bin ich nach der Pause nicht viel weiter gefahren. Ich fand schnell eine windschützende Baumreihe, einen kleinen Hain vor einer frisch gemähten Wiese. Etwas weiter hinein gab es eine kleine Ecke, die Ideal war, um das Zelt aufzustellen. Zum ersten Mal benutzte ich die Bodenplane als Tarp, ein einfacher Sonnen- und Windschutz, zog mich völlig nackt aus und genoß die Sonne. Das war sehr entspannend. Dann zog ich mir leichte Kleidung über und ging unter das Sonnensegel, um ein wenig Conan der Cimmerier, die Originalgeschichten von Robert Ervin Howard zu lesen, baute dann mein Zelt auf und schlief trotz meines Kopfwehs – im Ätherraum hatte ich mit Urängsten zu kämpfen - die Nacht durch. Den Schlafsack habe ich jetzt offen als Decke benutzt, das ging ganz hervorragend.

18 Mai 2009 etwa 15 Uhr in Bernau

Etwa Viertel vor Drei war ich in Bernau. Ich fragte mich einfach zum Radweg durch und war verwundert, daß der so bekannt war. Er geht direkt an der Stadtmauer entlang weiter nach Biesendorf. Drei Stunden würde ich noch fahren, um dann nach etwa 35 km mein Lager an einer unbefahrenen, alten Pflastersteinstraße aufzuschlagen. In der Nacht wurde ich jedoch mehrfach von durchfahrenen Eingeborenen geweckt, die diese Straße, wie ich es aus Westdeutschland gewohnt war, als Abkürzung oder Schleichweg benutzten. Nur ein oder zwei Meter trennten meinen Kopf von den Rädern. Ich dachte ständig, hoffentlich ist kein Betrunkener dabei, der mein Zelt einfach übersieht. Dann konnte ich doch noch ein wenig schlafen, auch wenn das mit dem geschlossenem Schlafsack ein wenig gewöhnungsbedürftig war und ich mich oft drehen mußte. Aber ich bin endlich wieder unterwegs, jipieh :)

Die Schilder sind häufig mit dem diesem Pictogramm gekennzeichnet und meistens gut zu erkennen, aber ohne Karte würde ich trotzdem keine Fahrt machen!

Jetzt ein paar Fotos vom Tage:


Diese Straße hatte ich unterschätzt

Und hier mein Zelt neben der Straße

Guten Morgen! Noch ein wenig pausbäckig

Meine erste Radtour von Bernau über Usedom, Rügen nach Oranienburg


Die letzten zwei Jahre lang hatte ich vorgehabt, eine Radwanderung zu unternehmen. Vor zwei Jahren (2007) hatte ich einen kurzen Ausflug nach Fahrland gemacht und meinen Schlafsack vergessen. Ich mußte die Tour sofort am nächsten Tag beenden, weil die Kälte in der Nacht keinen Schlaf zugelassen hatte. Ich habe stattdessen die Nacht durchwacht und am nächsten Morgen, als die Sonne mein Zelt aufgewärmt hatte, noch drei Stunden schlafen können. Damals war ich nichts desto trotz extrem begeistert von der Luft und den Gedanken, die mir durch den Kopf gingen – ich war trotz der Strapaze erholt gewesen und nahm mir vor, wenigstens nächstes Jahr noch einmal loszufahren. Letztes Jahr waren die Rollenspieltermine mir wichtiger, ich hatte kein vernünftiges Rad und ich hatte auch Muffensausen. Dieses Jahr (2009) sollte es mir endlich gelingen. Ein paar Fahrten hinaus in die Vorstadt unterstützten mein Vorhaben sowohl als körperliches Training als auch durch die erfahrbare Nähe der Natur, die in mir den Wunsch auslöste, wieder draußen sein zu wollen. Vielleicht hat das jeder schon einmal erfahren, wenn er aus der Innenstadt in die Vorstadt fährt. Der Geist ändert sich. Die Leute sind besser gelaunt, sie fangen an zu „zwitschern“. Sie haben Interesse an dem Nachbar der neben ihnen sitzt, haben einen verständnisvollen Blick auf dem Gesicht und sind viel schneller bereit, ein paar Worte miteinander auszutauschen. Trotzdem war ich mir nicht sicher, in den Osten zu fahren. Geschichten über Nazis oder bösen Leuten mußte ich zuhören. Zwei meiner Freunde hatten regelrecht Angst um mich gehabt. Die Pro und Cons zeugten eine Pattsituation in mir; ich würde schließlich den Ausschlag geben müssen und mich selber aufraffen, soviel wurde mir bewußt. Als eine meiner festen Rollenspielgruppen einen Ausfall von über 3 Monaten verbuchte, kündigte ich meinen Urlaub dann auch an. Ich würde die letzten beiden Wochen im Monat Mai auf Tour sein und plante und bereitete alles daraufhin vor. Noch in der letzten Woche vor Montag, dem 18.5.09, meinem festgelegten Abfahrsttermin, war ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt weg wollte. Es klappte alles so gut. Das Bett war so weich geworden. Ich hatte Spaß am schreiben im Internet gefunden und die Arbeit an meinem Rollenspielsystem schien auch zu laufen. Aber es muß nicht alles aus dem Ruder laufen, um einen schönen Urlaub zu erleben, dachte ich mir und versteifte mich weiter auf die Abfahrt. Am Wochenende glaubte ich alles gut vorbereitet zu haben, am Sonntag war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich am Montag losfahren könnte und zog die weiche Tour mit den Worten vor „Du mußt nicht alles übers Knie brechen, Du folgst einfach deinem Rhythmus und fährst los, wenn Du fertig bist“. Am Montag kaufte ich das was ich benötigte noch ein. Ich hatte mich gut vorbereitet. Eine Packliste, die Karten mehrfach ausgedruckt und die Stellen aufgeschrieben, wo ich Drogerien fände, um Sachen nachzukaufen. Ich bin zwar erst um 8 Uhr aufgestanden, um 10 Uhr in der Drogerie gewesen, aber ich würde den Tag nicht mehr hier verbringen um auf morgen zu warten. Also gepackt, den Strom und das Wasser abgedreht, die Pflanzen mit einem Wasserspeicher versorgt, ein kurzes Stoßgebet und ab mit uns in die S-Bahn nach Bernau.